Hanf (Nutzhanf) – Erkennen und Nutzen
Steckbrief, Bilder & Beschreibung der Ackerpflanze/Feldfrucht „Hanf (Cannabis)“ sowie ihr Nutzen für Ernährung und Gesundheit
Nutzhanf oder Industriehanf umfasst alle Sorten des Hanf (Gattung Cannabis), die zur kommerziellen Nutzung angebaut werden – abseits von seiner Verwendung als Rauschmittel oder Arzneimittel. Insgesamt stehen etwa 50 von der EU zertifizierte Hanfsorten für den Nutzanbau zur Verfügung. Diese für die Faser- und Samennutzung angebauten Sorten besitzen im Gegensatz zu jenen, die als Rauschmittel und medizinisch genutzt werden, einen sehr hohen Faseranteil von 30 bis 40 %. Sie enthalten auch nur einen sehr geringen Anteil von Tetrahydrocannabinol (weniger als 0,2 % THC) und sind daher nicht zur Erzeugung von Haschisch und Marihuana geeignet.
Informationskategorien zu dieser Ackerpflanze/Feldfrucht
Ackerpflanze-Steckbrief „Hanf (Nutzhanf)“
Botanischer Name: Cannabis
Deutscher Name: Hanf
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Hanfgewächse (Cannabaceae)
Gattung: Hanf
Weitere Synonyme/Volksnamen: Der in der „Szene“ beliebte(re) Hanf hat eine große Vielzahl an Synonymen. Mit Gras, Pot, Ganja, Weed, Marihuana sollen einige genannt sein. Hier geht es um den Nutzhanf, für diesen sind mir keine Synonyme bekannt.
Bestimmung/Beschreibung der Ackerpflanze
Erscheinungsbild/Eigenschaften: Hanf ist eine meist einjährige krautige Pflanze. Je nach Umweltbedingungen erreicht die Staude sehr unterschiedliche Wuchshöhen, unter günstigen Bedingungen, auf feuchten, aber nicht staunassen Böden mit guter Nährstoffversorgung können bis zu 5 Meter Wuchshöhe erreicht werden. Aber auch Kümmerformen ungünstiger Standorte, mit Wuchshöhen um die 20 Zentimeter, können erfolgreich blühen und fruchten. Wildpflanzen erreichen gewöhnlich nicht mehr als etwa drei Meter Höhe. Zur Faserproduktion genutzter Hanf wächst im dichten Stand gerade aufrecht. Frei wachsende Pflanzen sind oberwärts mehr oder weniger reich verzweigt.
Blätter: Die Blätter sind handförmig zusammengesetzt (palmat), der Rand ist gesägt. Die Anzahl der Blättchen an einem Blatt schwankt: Die ersten Blattpaare haben gewöhnlich nur ein Blättchen, nachfolgende können bis zu 13 haben (gewöhnlich sieben bis neun, je nach Genetik und Umweltbedingungen). Zur endständigen Blüte hin nimmt die Blättchenzahl wieder bis auf ein Einzelblättchen ab. Die Blätter sind im unteren Bereich vorwiegend gegenständig, weiter oben wechselständig.
Blüte(n): Hanf-Arten und -Kulturformen sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch), das bedeutet: männliche und weibliche Blüten wachsen in der Regel auf unterschiedlichen Pflanzen. Allerdings sind, als Ausnahme, auch monözische (einhäusige) Pflanzenexemplare beschrieben. Männliche und weibliche Blütenstände sind sehr verschieden gestaltet. Männliche Blüten sitzen in aufrechten, endständigen (terminalen) und blattachselständigen, reich verzweigten rispenartigen Trugdolden, die etwa 25 Zentimeter Länge erreichen können. Die gelbgrünen Einzelblüten sind hängend an 2 bis 4 Millimeter langen Stielen, die fünf Kelchblätter werden bis zu 4 Millimeter lang, Kronblätter fehlen völlig. Die weiblichen Blüten sitzen knäuelig, oft zu zweien, gehäuft in den Blattachseln von großen, laubblattartigen Tragblättern. Sie sind von Hochblättern umgeben, die etwa 2 bis 8 Millimeter Länge erreichen; diese sind dicht besetzt von gestielten Drüsen. Die Einzelblüten sind grün gefärbt und ungestielt. Der kugelige Fruchtknoten ist in den anliegenden Kelch und die umgebenden Hochblätter eingeschlossen. Die zwei Griffel der Narbe sind rot gefärbt.
Unter monözischen Exemplaren kommen die unterschiedlichen Blütentypen manchmal in separaten Blütenständen, manchmal in einem Blütenstand vor. Alle bekannten Formen des Hanfs sind windbestäubt.
Früchte/Samen: Als Samen werden Achänen gebildet, Nussfrüchte, die als „Hanfsamen“ oder „Hanfnüsse“ bezeichnet werden. Sie sind 3 bis 4 Millimeter groß, von brauner bis grüngrauer Farbe und weisen ein Tausendkornmasse von 15 bis 20 Gramm auf. Sie enthalten 28 bis 35 % Fett, 30 bis 35 % Kohlenhydrate, 20 bis 24 % Proteine und neben Vitamin E, Kalzium, Magnesium, Kalium und Eisen besonders hohe Anteile an Vitamin B, speziell Vitamin B1 und Vitamin B2.
Anbau der Ackerpflanze/Feldfrucht
Die Aussaat erfolgt zwischen Mitte April und Mitte Mai mit Getreidedrillmaschinen auf 4 bis 6 cm Saattiefe. Die gegenüber Getreide verhaltene Düngung mit insgesamt 60 bis 150 kg Stickstoff, 40 bis 140 kg Phosphor (P2O5) und 75 bis 200 kg Kalium pro Hektar bei Faserhanf erfolgt vor der Saat sowie eventuell erneut drei bis vier Wochen später. Bei der vor allem in Frankreich praktizierten Doppelnutzung von Fasern und Samen ist die Düngung mit Stickstoffgaben bis zu 100 kg/ha eher geringer. Organische Dünger wie Gülle kann Nutzhanf gut verwerten. Weder Unkrautbekämpfung noch Pflanzenschutzmaßnahmen sind notwendig.
Die Ernte von Faserhanf erfolgt mit Spezialmaschinen oder für die Hanfernte angepasster Erntetechnik zur Zeit der Vollblüte der männlichen Blüten und erstreckt sich je nach Sorte und Anbaubedingungen von Ende Juli bis Ende September. Je nach Art des vorgesehenen Aufschlusses der Hanffaser unterscheidet sich die Nacherntebehandlung auf dem Feld. Für die Langfaserverarbeitung wird das Hanfstroh auf dem Feld parallel ausgelegt und getrocknet. Der Trocknung folgt eine Röstung und eine erneute Trocknung auf dem Feld. Zur Vorbehandlung auf den Faseraufschluss der Kurzfaser- und Gesamtfaserlinie wird das Hanfstroh auf dem Feld gekürzt und geröstet und danach in Rund- und Quaderballen gepresst. Werden auch die Samen genutzt, findet die Ernte mit der Vollreife der Samen Mitte September bis Mitte Oktober statt, verwendet werden leicht modifizierte Mähdrescher.
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Nutzung der Ackerpflanze/Feldfrucht
Das Anwendungsspektrum des Nutzhanfs ist sehr breit und reicht von der Nutzung der Hanffasern als Rohstoff für die Textilindustrie über die Verwendung von Hanföl und Hanfsamen bei der Ernährung bis zur Nutzung als Baustoff. Heute finden Hanffasern zudem zunehmend Verwendung als Faseranteil in Naturfaserverstärkten Kunststoffen und anderen modernen Anwendungsbereichen.
Die Nutzung als Medizinalpflanze und Rauschmittel ist definitionsgemäß bei Nutzhanf ausgeschlossen.
Fasern und Schäben
Hanffasern stellen sowohl von der Menge als auch von der Fülle der Anwendungsmöglichkeiten den wichtigsten Rohstoff des Nutzhanfs dar. Von der Antike bis in die Gegenwart wurden und werden Hanffasern zur Herstellung einer Vielzahl von Produkten verwendet. Historisch bedeutsam waren sie vor allem für die Herstellung von Segeltuch, Tauen und Seilen bis weit in das 19. Jahrhundert. 1455 druckte Gutenberg die erste Bibel auf Hanfpapier. 1492 segelte Kolumbus mit Segeln und Tauwerk aus Hanf nach Amerika. 1870 fertigte der Bayer Levi Strauss die erste Jeans aus Hanf in den USA.
Heute spielen sie vor allem für die Produktion von Hanfpapier (Spezialpapiere, vor allem Zigarettenpapier), Hanftextilien (Bekleidung, Technische Textilien), Naturdämmstoffen und als Verstärkungsfasern für naturfaserverstärkte Kunststoffe eine zentrale Rolle.
Die bei der Fasergewinnung als Nebenprodukt anfallenden Schäben werden vorwiegend als Tiereinstreu verwendet, vor allem in der Pferdehaltung und der Kleintierhaltung. Sie werden jedoch auch als Rohstoff für die Produktion von Leichtbauplatten, als Schüttdämmung oder andere Anwendungen als Baustoff sowie energetisch als Brennstoff genutzt.
Samen
Hanfsamen werden ohne weitere Verarbeitung als Lebensmittel eingesetzt, dienen aber auch als Grundlage zur Extraktion des Hanföls und als hochwertiges Tierfutter vor allem für Vögel, aber auch für Fische und Säugetiere. Hanfsamen enthalten, unabhängig von der Sorte, kein THC oder andere rauschwirksame Inhaltsstoffe. In den letzten Jahren fanden aus Hanfsamen gepresstes Hanföl sowie die Samen selbst als Nahrungsmittel wieder zunehmende Verbreitung. Aus den Samen kann unter anderem ein Hanfmehl, eine der Erdnussbutter ähnliche Hanfbutter oder auch Hanfsuppe hergestellt werden. Die Samen selbst werden sowohl geröstet als auch ungeröstet verkauft.
Hanföl
Die Hanfnuss und das daraus gewonnene Hanföl gelten als nahrhaftes Nahrungsmittel. Hanfnüsse und Hanföl enthalten mehr als 90 % mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Hier sind besonders die essenziellen Fettsäuren Linolsäure und Alpha-Linolsäure hervorzuheben. Gerade die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure kommt in sehr wenigen Speiseölen in solch großen Mengenanteilen vor. Hanföl ist durch seine insgesamt ausgewogene Fettsäurezusammensetzung ein sehr wertvolles Speiseöl. Es eignet sich sehr gut für die Küche, nicht nur wegen seines besonderen Geschmacks, sondern auch wegen seines Reichtums an lebenswichtigen Fettsäuren.
Ätherisches Hanföl
Ätherisches Hanföl ist ein ätherisches Öl, das durch Destillation aus Blättern und Blüten des Hanfs (Cannabis sativa) gewonnen wird. Das Öl setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Inhaltsstoffe zusammen. Als Zusatzstoff wird ätherisches Hanföl vor allem bei der Produktion von entsprechend aromatisierten Eistees, Hustenbonbons, Hanfbier, Schokolade und anderen Produkten verwendet. Außerdem findet es Verwendung in Kosmetikartikeln und Parfums. Als Zusatz zu Massage- und Hautöl soll ätherisches Hanföl beruhigend und entzündungshemmend wirken, Verspannungen lösen sowie Krämpfe, Schwellungen und Phantomschmerzen lindern. Auch in der Aromatherapie wird das Öl verwendet und soll hier entspannend und ausgleichend wirken und die Atemwege reinigen.
Geschichte & Entwicklung
Die Verwendung von Hanffasern lässt sich über mehrere Jahrtausende bis weit in die Menschheitsgeschichte zurückverfolgen. Die ältesten Funde stammen aus China um 2800 v. Chr., wo Seile aus Hanffasern erzeugt wurden.
Der älteste Nachweis von Papier aus Hanffasern stammt ebenfalls aus China von 140 bis 87 v. Chr. und stellt damit den ältesten Papierfund Chinas dar. Hanfpapier wurde etwa ab dem Jahr 105 in China populär, gelangte aber erst im 13. Jahrhundert über den Vorderen Orient nach Europa. In Deutschland wurde es im 14. Jahrhundert erstmals nachgewiesen.
Den Höhepunkt der Nutzung erfuhren Hanffasern im 17. Jahrhundert, wo sie vor allem zur Produktion von Seilen und Segeltuch für die Schifffahrt verwendet wurden; für ein normales Segelschiff wurden etwa 50 bis 100 Tonnen Hanffasern benötigt und die Materialien wurden durchschnittlich alle zwei Jahre ersetzt. Bis in das 18. Jahrhundert waren zudem Hanffasern neben Flachs, Nessel und Wolle die wichtigsten Rohstoffe für die europäische Textilindustrie, wobei Hanf aufgrund der gröberen Faserbündel vor allem zur Herstellung von Ober- und Arbeitskleidung diente.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Hanf in den USA als Marihuana wieder verboten.Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Nutzhanf auch in Europa nur noch auf Kleinstflächen angebaut. Zwischen 1982 und 1995 war auch der Hanfanbau der in den 1950er- und 1960er-Jahren gezüchteten Nutzhanfsorten mit beinahe vollständig fehlendem THC-Gehalt in Deutschland (durch das Betäubungsmittelgesetz) und vielen anderen Ländern verboten. Als Grund wurde die Unterbindung der illegalen Nutzung von Cannabis als Rauschmittel angeführt.
In den 1990er-Jahren wurden die Verbote aufgrund des wieder wachsenden Interesses der Landwirtschaft und der Industrie an dem Rohstoff zurückgezogen und seit 1996 durfte auch in Deutschland unter Auflagen wieder Nutzhanf angebaut werden. Heute ist der Anbau von THC-armen Nutzhanfsorten in allen Ländern Europas sowie in Ländern wie Kanada und Australien legalisiert, nur in den USA ist der Anbau weiterhin vollständig untersagt.
Zusatzinformationen & Wissenswertes
In der Fruchtfolge wirkt Hanf positiv auf die anschließend angebauten Kulturen (Nachfrüchte) und er wird in der Regel vor Wintergetreide angebaut. Vorteilhaft sind die hohe Unkrautunterdrückung, die Bodenlockerung durch das große Wurzelsystem und die positive Wirkung auf die Bodengare. Da Hanf sehr selbstverträglich ist, kann er auch mehrere Jahre hintereinander auf der gleichen Fläche angebaut werden (Monokultur).
Hanfsamen enthalten 28 bis 35 % Fett, 30 bis 35 % Kohlenhydrate, 20 bis 24 % Proteine und neben Vitamin E, Kalzium, Magnesium, Kalium und Eisen besonders hohe Anteile an Vitamin B, speziell Vitamin B1 und Vitamin B2. Die Proteine bestehen hauptsächlich aus dem Globulin Edestin, welches sehr leicht verdaulich ist. Die Samen enthalten alle für den menschlichen Körper essentiellen Aminosäuren und sind als Proteinquelle mit einem Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score von 0,66 für den Menschen geeignet. Der niedrige Lysinanteil des Hanfsamenproteins schränkt aber die Proteinwertigkeit ein.
Videobeitrag zu „Hanf (Nutzhanf)“
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Quellen und weitere Informationen
- Ackerpflanzen und Feldfrüchte – von Margot Spohn
- www.landwirtschaft-bw.info – Kulturpflanzen im Ackerbau
- de.wikipedia.org – voll mit Baum & Strauch-Wissen
- www.lko.at – Wissensbeiträge der Landwirtschaftskammer
- www.biolib.de (Illustrationen von Bäumen & Sträuchern)
- viele weiter Webseiten & Bücher/Büchlein über Ackerpflanzen, Feld- & Zwischenfrüchte
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